Am Dienstag, den 04.04.2017 zeitig in der Früh wurde ich von meinem Vater und seiner Freundin nach Linz ins Neuromed Campus chauffiert. Es war eine sehr angespannte Stimmung, da ich nicht wusste was auf mich zukommen wird. Auch mein Vater war sehr angespannt, da er dummerweise im Internet recherchiert hatte und natürlich nur die Komplikationen im Hinterkopf hatte. Natürlich wurde ich über diese aufgeklärt, welche jede Operation und Narkose mit sich bringen kann, aber eine Operation am Gehirn ist dann doch eine ganz andere Liga. Die größte Angst, die meine Frau und ich hatten war, dass ich eine komplette Wesensveränderung erleiden könnte (was man so alles in den Hirntumorforen liest) und ich vielleicht sogar meine Frau und unsere kleine Tochter nicht mehr lieben bzw. sogar ablehnen würde. Leider habe auch ich den Fehler begangen im Internet zu recherchieren und habe dort alles Mögliche an Schauergeschichten in mich aufgesogen. Positivberichte gibt es offensichtlich nicht viele, und diejenigen, welche positive Erfahrungen gemacht haben, berichten darüber kaum. OK, dumm war es wahrscheinlich nicht, jedoch wurde die optimistische Einstellung dadurch etwas getrübt. Man weiß halt nie, wie es einem nach dem Eingriff gehen wird oder ob man überhaupt noch einmal aufwacht.
Quelle: Kepleruniklinikum
In Linz beim Neuromed Campus angekommen, mussten wir erst mal im Foyer warten bis ich die Freigabe hatte und mein Krankenzimmer beziehen konnte. Nach der Freigabe konnten wir endlich im Spital einchecken. Es handelte sich um ein angenehmes Zweibettzimmer wo bereits ein anderer Mann lag der ebenfalls auf eine Kopfoperation wartete. Jedoch hatte dieser keinen Hirntumor, sondern irgendeine Flüssigkeitseinlagerung oder Verkalkung. Genau weiß ich es jedoch nicht mehr. Er wurde im Laufe der Woche operiert und war dann sehr betrübt als ihm der Arzt mitteilte, dass er für drei Monate kein Auto lenken darf. Ich habe dazu nichts gesagt, immerhin musste ich noch ein ganzes Jahr warten. Nach dem Beziehen meines Krankenzimmers und dem auspacken meiner persönlichen Utensilien verabschiedete ich mich von meinem Vater und seiner Freundin. Er ist prinzipiell keine Person, die große Emotionen zeigen kann, jedoch habe ich ihm angesehen, wie er innerlich unter der Situation gelitten hat, seinen Sohn im Spital zurücklassen zu müssen.
Es folgten wieder zahlreiche Tests und Untersuchungen, die vor der Operation, welche am Freitag den 07.04.2017 stattfinden sollte, notwendig waren. Ich wurde abermals mittels CT und MRT im Kopfbereich durchleuchtet und zusätzlich wurde auch noch eine FET-PET (Fluorethyltyrosin Positronen-Emissions-Tomographie) Untersuchung durchgeführt. Bei diesem Verfahren wird vor der Untersuchung eine schwach radioaktive Substanz (Fluor-18 Tyrosin) in die Armvene gespritzt. Mit dieser Substanz können Stoffwechselprozesse im Gehirn/Körper sichtbar gemacht werden. Danach muss eine Ruhepause von 45 Minuten eingehalten werden damit sich die Substanz vollständig im ganzen Körper und vor allem im Gehirn verteilt. Nach dieser Wartezeit läuft eigentlich alles gleich ab wie bei einer CT oder MRT: also ab in die Röhre und nicht bewegen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass hier quasi umgekehrt gemessen wird. Die Strahlung, die vom Kopf weggeht wird gemessen. So wurde es mir zumindest erklärt. Diejenigen, die einen Geigerzähler zu Hause herumliegen haben, könnten die Radioaktivität damit messen, jedoch kann der Körper diese Substanz selbständig wieder abbauen und ist somit unbedenklich.
FET-PET Untersuchung
MRT Übersicht mit Kontrastmittel
vor der Operation
Eine weitere Überprüfung bestand darin, dass ich, wieder in einer Röhre, Aufgaben lösen sollte und dazwischen an nichts denken durfte. Diese Untersuchung soll darüber Auskunft geben, ob eine Wach-Operation von Nöten ist oder nicht. Vorher habe ich noch ein paar Tipps bekommen, wie ich es am besten meistern könne, an nichts zu denken. Bei mir hat einfach das Zählen gereicht, weil da muss ich nicht Denken. In den Denkphasen gab es einen Monitor, welchen ich mittels Prismenspiegel sah, wo allerlei Rechenaufgaben darauf standen. Dieser Test war eigentlich der Einzige, wo ich selbst auch gefordert wurde und war deswegen für mich eine kleine Abwechslung. Im Zuge dieser Untersuchung wurde festgestellt, dass bei mir keine Wach-Operation notwendig ist.
Zum Thema Wach-Operation: Es hört sich schlimmer an als es wirklich ist, man wird während der Narkose geweckt und muss irgendwelche Fragen beantworten oder bis hundert rauf oder runter zählen. Das Ganze wirkt dann wie ein Traum. So wurde es mir zumindest erklärt.
Während der Zeit bis zum 07.04.2017 kamen dann auch meine Frau samt Töchterlein und einer sehr guten Freundin von uns, welche meine Frau in dieser schweren Zeit unterstützte, und meine Mutter samt Stiefvater nach Linz, wo sie sich alle eine Herberge teilten. Die Freundin reiste jedoch danach gleich wieder mit dem Zug zurück nach Wien da meine Frau ja nun die Unterstützung von meiner Mutter und meinem Stiefvater hatte. Sie besuchte mich jeden Tag während meine Mutter und mein Stiefvater auf unsere kleine Tochter aufpassten.
Am Mittwoch, den 05.04.2017 bekam ich überraschend weiblichen Besuch. Ich kannte sie bis dato nicht und dachte dieser Besuch gilt meinem Bettnachbarn, doch sie steuerte lächelnd in meine Richtung. Es war die Freundin eines Arbeitskollegen, die zufällig in diesem Spital arbeitet und mir in seinem Auftrag etwas zum Naschen brachte. Über diese Geste habe ich mir sehr gefreut, durfte ich ja nebenbei noch einen netten Menschen kennenlernen und mich dazu noch über Prinzenrollen und Kinderriegel freuen. Danach rief ich meinen Kollegen gleich an und teilte ihm dankend mit, dass seine Freundin gerade bei mir zu Besuch gewesen ist. Wir telefonierten dann noch eine Weile, tauschten Neuigkeiten aus und ich ließ noch alle Kollegen meiner Abteilung grüßen.
Am 06.04.2017 wurde ich dann noch ins Büro meines Chirurgen bestellt. Er klärte mich über die Chancen und Risiken auf und verriet mir auch, wie die Operation durchgeführt wird. Es ist ja schon ein großer Aufwand überhaupt bis zum Gehirn zu gelangen und dort beginnt dann eigentlich erst seine richtige Arbeit.
Nach diesem Gespräch begab ich mich wieder zurück ins Krankenzimmer. Die Nacht auf Freitag durfte ich dann nichts mehr zu mir nehmen und es wurde ein Schild, worauf „Nüchtern“ stand, aufgehängt. Das einzige was ich am Abend vor der Operation noch bekam war eine Beruhigungstablette, damit ich die Nacht durchschlafen konnte und ja, ich habe sehr gut geschlafen.
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